DÖRPEN
75 000 Euro gibt es geschenkt, dafür müssen angehende Hausärzte im Gegenzug fünf Jahre lang bleiben. So soll ein Stipendium für Medizinstudenten und künftige Allgemeinmediziner in Dörpen aussehen. Und es gibt bereits erste Interessenten. Die Prognose der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) ist dramatisch: Bis 2035 werde die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung immer schwieriger, die Anzahl der Hausärzte könnte um mehr als ein Viertel sinken, gerade im ländlichen Bereich drohe eine Unterversorgung. Vor allem das hohe Alter spielt dabei eine große Rolle. Im nördlichen Emsland liegt das Durchschnittsalter bei 60,4 Jahren — 22 der 67 praktizierenden Hausärzte sind dem Alter nach eigentlich angehende Rentner. Der Trend geht dahin, dass Ärzte auch im Alter von deutlich über 65 Jahren weiterhin arbeiten, weil es ihnen einerseits an Nachfolgern fehlt; aber auch weil sie Spaß daran haben“, erklärt Dieter Krott, Leiter der KVN-Bezirksstelle Aurich, zu der das nördliche Emsland gehört.
Ein ähnliches, wenn nicht sogar deutlicheres Bild zeichnet sich in Dörpen ab. Vier der in der Gemeinde ansässigen Hausärzte seien bereits über 70 Jahre alt, berichtet Samtgemeindebürgermeister Hermann Wecken. Dementsprechend stehe die Gemeinde vor einer großen Herausforderung, die ärztliche Versorgung in Zukunft sicherstellen zu können.
Untätig sei sie in den vergangenen Jahren jedoch keineswegs gewesen: Seit 2012 gebe es den „Runden Tisch Gesundheitsversorgung" mit Ärzten und den umliegenden Krankenhäusern, seit 2014 werden Ärzte bei einer Ansiedlung gefördert, und auch an weiteren Projekten wie das „Ohne Arzt“-Praxismodell und der Ausbildung zum „Physician Assistant“ sei Dörpen beteiligt.
Nun folgt aber ein neuer Ansatz: im Dezember einstimmig vom Rat beschlossen wurden zwei neue Stipendienprogramme für Medizinstudenten und angehende Fachärzte. So sollen Studenten - vornehmlich aus dem Emsland - eine Förderung von 1000 Euro monatlich für maximal 75 Monate (Regelstudienzeit) erhalten, wenn sie sich verpflichten, im Anschluss an ihr Studium mindestens fünf Jahre lang in Dörpen tätig zu sein. Ähnliches gilt für Ärzte. die eine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolvieren und ebenfalls 1000 Euro im Monat für maximal 24 Monate erhalten können.
Das Besondere an dem Stipendium: Es wird jeweils zur Hälfte von Gemeinde und von der privaten Wirtschaft - in diesem Fall der Schomaker – Gruppe getragen. Das sei in der Region einzigartig betont Bürgermeister Manfred Gerdes. Dabei sei die ärztliche Versorgung eigentlich nicht die gesetzliche Aufgabe der Gemeinde, „aber Wir nehmen uns dem an und machen das auch gerne“,
Auch Wilhelm Schomaker, Geschäftsführer der gleichnamigen Unternehmensgruppe mit Sitz in Dörpen, betont seine Bereitschaft, in die Zukunft der ärztlichen Versorgung zu investieren. „Wir sehen als Unternehmen, das seit 45 Jahren vor Ort ist, in Dörpen unsere soziale Verpflichtung“, so Schomaker. „Wir haben hier unser Geld Verdient und wollen etwas zurückgeben." Das Stipendium sieht er als den „richtigen Weg" an und hofft, dass Dörpen als Vorreiter auch Vorbild für andere Kommunen wird.
Dass das Projekt großen Erfolg haben wird, prognostiziert Krott ebenso. Schon jetzt gebe es zwei Interessenten, berichtet Wocken. Anträge konnten ab sofort bei der Gemeinde eingereicht werden - auch von Studierenden, die ihre universitäre Ausbildung bereits begonnen haben. Gemeinsam mit der Schomaker Gruppe und der KVN würden dann bis zu fünf Stipendiaten pro Jahr ausgewählt. Dass es tatsächlich so viele sein werden, glaubt Wocken zwar nicht, hofft aber auf einen nachhaltigen Effekt für die Gemeinde. „Wer einmal nach Dörpen kommt, der bleibt hier auch gerne“, sagt er augenzwinkernd.
Quelle: Kristina Müller: Stipendium gegen Ärztemangel, in: Ems Zeitung, 25.01.2021, S. 12