Brandenburg an der Havel:
Es dürfte eine begehrte Wohnlage sein, unmittelbar am Jakobsgraben, nah zur Innenstadt und ziemlich ruhig durch die Lage im Hinterhof. In der Jahnstraße entstehen 82 Wohnungen.
Eher zufällig sind die Bauherren Wilhelm Schomaker und Eike Beitz zu diesem Investitionsprojekt gekommen. „Wir haben uns schon länger um das Grundstück bemüht. Als die Wäscherei einstürzte, konnten wir es schließlich erwerben“, erzählt Beitz. Das riesige und aus vielen Teilen bestehende Ensemble der ehemaligen „Adrett“-Wäscherei (siehe Infobox) wurde schließlich abgetragen und das Areal hinter der Jahnstraße 5-8 am Jacobsgraben gegenüber der Wredowschen Zeichenschule bis in zwei Metern Tiefe enttrümmert.
Offensichtlich hatte die Vorbesitzer-Familie diesen Aufwand gescheut, und als es auch noch akut wurde und schnell gehen musste mit den Sicherungsmaßnahmen, kamen die Investoren zum Zuge.
Das ist eine Baustelle, wie sie die Bauleute lieben: Kein Verkehr, keine neugierigen Passanten, viel Platz für Maschinen und Lieferfahrzeuge – also ruhiges Arbeiten auf dem gigantischen Hinterhof.
Schnelle Baugenehmigung
„Die Baugenehmigung gab es ziemlich schnell, die Verwaltung hat weniger als sechs Monate dafür gebraucht.“ Das Vorhaben ist kein kleines: Schließlich entstehen drei Gebäude von 24, 35 und 50 Metern Länge. Darin sind insgesamt 82 Wohnungen in Größen von 45 bis etwas mehr als 100 Quadratmetern. Alle Wohnungen haben Fußbodenheizung und Balkone. In jedem Eingang gibt es einen eigenen Aufzug.
„Die Aufzüge gehören heute selbst bei viergeschossigen Häusern zum Standard, wenn man hochwertiges Wohnen anbieten will.“ Die Erdgeschosswohnungen sind barrierearm angelegt, haben keine Schwellen. Die Investition beläuft sich nach Beitz’ Angaben auf eine Summe zwischen neun und zehn Millionen Euro.
Erstes Haus bald fertig Beinahe fertig ist das kleinste Gebäude, das man nächsten zur
Wilhelmsdorfer Straße steht. Vier Etagen plus Dachgeschoss hoch ist es, der wuchtige Baukörper erscheint elegant durch aufrecht stehende Gauben, große Dachflächenfenster und vor allem durch helle Klinker in Ziegeloptik. Vermietet wird es ab Spätsommer. Mehrere regionale Firmen wuseln parallel: Deichsel-Bau aus Rathenow, Metzner-Dächer aus Stendal, Ökotherm Peter Evler und F & B Putzsysteme aus Brandenburg an der Havel.
Eine Adresse mit Geschichte
1908 wurde direkt am Jacobsgraben eine Tuchfabrik errichtet. Diese wurde nach Kriegsende aufgelöst, weil hier auch Uniformen gefärbt worden sind. Dann sollen verschiedene Dienstleistungsbetriebe hier untergekommen sein, bevor in den 1960er-Jahren der VEB Wäscherei und Textilreinigung „Adrett“ eingezogen ist.
Von unseren 380 Mitarbeitern waren 160 allein am Standort Brandenburg an der Havel. Nach der Wiedervereinigung wurde der Betrieb privatisiert, 2004 war der Betrieb am Ende, im Jahr 2006 wurde „Adrett“ offiziell liquidiert. Kurzzeitig war danach das Obergeschoss auch als Asylbewerberunterkunft genutzt worden. Am 12. Juli 2018 waren große Teile der Fassade eingefallen, der große Schornstein drohte umzufallen. Bis zu seinem Abtragen gab es für Wochen einen 45-Meter-Sperrkreis.
Alles nach Energiespar-Standard
Das größte Gebäude auf der anderen Grundstücksseite wird vieretagig, es soll bis Jahresende fertig sein. Das mittlere Gebäude wird demnächst begonnen und soll in einem Jahr übergeben werden. Die Bauten stehen auf Streifenfundamenten mit Bodenplatte. Alle Häuser entstehen im KfW-40-Standard für Energieeffizienz. „Wir legen großen Wert auf die Wärmedämmung, bauen auch ein eigenes Heizhaus mit Blockheizkraftwerk nebst riesigem Pufferspeicher“, sagt Eike Beitz. Das wirke sich positiv auf die Nebenkosten aus.
Firma Nickel vermietet
Alle Wohnungen werden vermietet, das Vermieten und Verwalten übernimmt die Firma Nickel-Immobilien, mit der die Bauherren bereits bei anderen Vorhaben wie dem ZfA-Neubau nebst Parkhaus zusammengearbeitet hat. Die Kaltmieten sollen um acht Euro liegen, „es kann leicht um diesen Wert variieren“, sagt Beitz. Vermietet werden soll je nach Fertigstellung. Interessenten könnten sich aber bereits melden.
Zugang durch Torbogen
Zufahrt und Zugang erfolgen über die Tordurchfahrt des Hauses Jahnstraße 4. Entstehen sollen im Innenhof auch noch 50 Parkplätze für die Anwohner. „Am Ende werden wir auch noch die Uferkante zum Jakobsgraben aufwerten, haben dafür aber noch keine konkreten Pläne.“
Von André Wirsing
https://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Wie-im-Hinterhof-82-Wohn... 27.04.2020